Der renommierte Sportpädagoge Prof. Dieter Brodtmann vollendet am Sonntag, dem 7. April, sein 85. Lebensjahr. Er gehört zu jener Generation von Sportwissenschaftlern, der das Verdienst zukommt, als Gründungsväter der modernen Sportwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland insbesondere seit den 1970er Jahren zur Anerkennung und Etablierung dieser Wissenschaftsdisziplin und des Studienfaches wesentlich beigetragen zu haben. Für Brodtmann gilt dies insbesondere mit Blick auf das Fach an den damaligen Pädagogischen Hochschulen (PH).
Dieter Brodtmann wurde in Hannover geboren. Seine Berufsbiografie „spielt“ mit einem kurzen Ausflug nach Hamburg ausschließlich in Niedersachsen und hier langjährig in Hannover. Nach dem Abitur 1954 studierte Brodtmann für das Lehramt an Volksschulen an der PH Göttingen – hier bereits mit dem Schwerpunktfach Sport bzw. Leibeserziehung, wie es damals noch hieß. Von 1957 bis 1962 unterrichtete er an Volksschulen in Northeim und Göttingen, bevor er von 1962 bis 1965 eine Stelle als Pädagogischer Assistent im Fach Leibeserziehung an der PH Göttingen antrat und daneben ein Zweitstudium in den Fächern Pädagogik, Soziologie und Völkerkunde an der Universität Göttingen aufnahm und 1968 mit dem Magisterexamen abschloss.
Von 1965 bis 1968 hatte er eine Stelle als Geschäftsführer der Konferenz der Pädagogischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland und des Senats der PHs Niedersachsen in Hannover inne. Im Jahre 1968 wechselte er als Praktikumsleiter in das Fach Sport an die PH Göttingen. Von 1969 bis 1972 war Dieter Brodtmann Dozent für Didaktik der Leibeserziehung im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. Hier trat er die Nachfolge von Prof. Konrad Paschen (1909-1992) an, der damals vorzeitig in den Ruhestand gegangen war und auf den der (bis heute verbreitete – und immer noch berechtigte?) Begriff der „Schulsportmisere“ zurückgeht.
Im Jahre 1972 nahm Dieter Brodtmann einen Ruf als Professor auf den Lehrstuhl für Sporterziehung an der Abteilung Hannover der PH Niedersachsen an, die im Wintersemester 1978/79 mit Brodtmann als Dekan in die Technische Universität Hannover (heute Leibniz Universität) zusammengeführt wurde. Hier lehrte er bis zu seiner Emeritierung 2001 am Institut für Sportwissenschaft, das allerdings seine ursprüngliche Professur für Sportdidaktik längst eingebüßt hat.
Dieter Brodtmann ist Gründungsmitglied der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) im Jahre 1976, zu deren Gründung er seinerzeit auch als Mitglied des Vorstands der Fachgruppe Leibeserziehung der PH in Deutschland („FLPH“) aufgerufen hatte. Brodtmann war Mitbegründer der „Zeitschrift für Sportpädagogik“, aus der 1979 die „sportpädagogik“ hervorging, die er insgesamt 23 Jahre als bis heute dienstlängster Mitherausgeber (auch mit zahlreichen eigenen Beiträgen) im Friedrich-Verlag in Seelze in der Region Hannover „federführend“ prägte.
Die Zeitschrift „sportpädagogik“ gilt als eines wichtigsten Abonnement-Fachorgane auf dem Gebiet des Schulsports bzw. Sportunterrichts im deutschsprachigen Raum und richtet sich vorwiegend an Sportlehrkräfte aller Schulformen und Schulstufen.
In diesem Zusammenhang verwundert es nicht, dass Brodtmanns Monografie „Sportunterricht und Schulsport. Ausgewählte Themen der Sportdidaktik“ aus dem Jahre 1979 bei Generation von Sportstudierenden Pflichtlektüre in Lehrveranstaltungen der Sportpädagogik war und seitdem als Klassiker gilt. Dabei hatte Brodtmann frühzeitig u. a. die Bedeutung des sogenannten außerunterichtlichen Schulsports für das Fach erkannt und sich auch mit der didaktischen Diskussion von Sportunterricht und Körpererziehung in der DDR beschäftigt. Folgerichtig erhielt er im Jahre 1990 von der ersten damals frei gewählten Regierung der DDR eine Einladung nach Ostberlin zum „DDR-Schulsportgipfel“, um über die mögliche „Angleichung“ der Schulsport-Systeme zu referieren und zu diskutieren.
Dieter Brodtmann verfügt selbst über eine vielseitige Sport- und Bewegungsbiografie mit einem deutlichen Schwerpunkt in der Leichtathletik, wo er früh als 16-jährige zusammen mit einem 18-jährigen Freund 1951 die Leichtathletikabteilung beim MTV Elze im Landkreis Hildesheim gründete.
Auch als Trainer und Lehrwart betätigte er sich ehrenamtlich auf Kreis- und Bezirksebene, bevor sich als Senior eine Karriere als Volksläufer anschloss, die er mit 49 Jahren als Marathonläufer mit der dabei erzielten Bestzeit von respektablen 3:06:07 Stunden krönte. An seinem Ehrentag bleibt der Jubilar mit Ehefrau Inge und der Familie mit den beiden Kindern und zwölf Enkeln ebenso in Bewegung.
Quelle: Detlef Kuhlmann, DOSB-Presse Nr. 14, 02.04.2019