Der 34. dvs-Nachwuchsworkshop vom 04. bis zum 06. September 2024 bot 35 Nachwuchswissenschaftler*innen aus den geistes- und sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen der Sportwissenschaft eine interdisziplinäre Plattform, um eigene Projekte und drängende Fragen der Promotionsphase zu diskutieren. Prof.in Dr. Esther Serwe-Pandrick (TU Braunschweig) beschrieb in ihren einleitenden Grußworten diesen gemeinsamen Austausch als einen wichtigen Weg, die mitunter beschwerliche Phase zu meistern. Einen besonderen Dank richtete sie auch im Namen der Teilnehmenden an Fabian Muhsal und Tobias Domroes als Organisatoren, ohne deren Einsatz und Organisation dieser Workshops nicht möglich gewesen wäre. So war der Rahmen für die Arbeitsgruppen gesetzt, die als Herzstück des Workshops fungierten. Unter der Moderation erfahrener Mentor*innen (Prof. Dr. Torsten Schlesinger, Technische Universität Chemnitz; Dr.in Corinna Schmechel, Universität Göttingen; Dr. Dennis Wolff, Universität Hildesheim; Prof. Dr. Gorden Sudeck, Universität Tübingen) wurden die verschiedenen Projekte vorgestellt und diskutiert. Besonders fruchtbar war die interdisziplinäre Zusammensetzung der Teilnehmenden und ihrer Projekte, was neue Perspektiven und Bezüge eröffnete. Neben den Projektvorstellungen ermöglichte die vertrauensvolle Atmosphäre auch in den Pausen und beim Abendprogramm einen intensiven Austausch über die Herausforderungen und Chancen der Promotionsphase.
Das Programm wurde von drei Impulsvorträgen begleitet, die sich zentralen Fragen der Qualifikationsphase widmeten. Prof. Dr. Thomas Alkemeyer (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) setzte sich mit den theoretischen Vorannahmen im Forschungsprozess auseinander und betonte die Bedeutung unterschiedlicher „Brillen“, durch die Realität und Empirie wahrgenommen und konstruiert werden. Forscher:innen müssen ihre theoretischen und empirischen Setzungen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Produktions- und Rezeptionsformen von Erkenntnis reflektieren, die durch historische Bedingungen der Wissenschaft, wie etwa die zunehmende Bedeutung der Drittmitteleinwerbung und Publikationsdruck, geprägt sind.
Prof. Dr. Bernd Gröben (Universität Bielefeld) legte den Fokus seines Vortrags auf das Publizieren in der Qualifikationsphase – ein Thema, welches auch in den Pausengesprächen auf großes Interesse stieß. Mit zahlreichen praktischen Tipps erläuterte er den Ablauf und die Erfolgsaussichten von Publikationsprozessen in peer-reviewten Zeitschriften und ging auch auf alternative Publikationsmöglichkeiten ein. Besonders die Auswahl eines geeigneten Journals für die Publikation stellt für Qualifikant:innen häufig eine anspruchsvolle Aufgabe dar, da Zeitschriften thematisch und inhaltlich oft sehr unterschiedlich ausgerichtet sind. In seinem Vortrag empfahl Prof. Gröben, eine persönliche „Landkarte“ zu erstellen, auf der die individuellen Forschungsschwerpunkte systematisch erfasst und in Beziehung zueinander gesetzt werden. Diese Visualisierung ermögliche es, die eigenen wissenschaftlichen Interessen klarer zu erkennen und gezielt Journals auszuwählen, die inhaltlich mit dem eigenen Forschungsprofil übereinstimmen. Eines ist dabei laut Prof. Gröben zentral: Nicht aufzugeben und aus Ablehnungen und Rückschlägen zu lernen.
Der dritte Vortrag von Dr.in Susanne Friese befasste sich mit dem Potenzial und den Grenzen Künstlicher Intelligenz im Forschungsprozess. Sie zeigte auf, wie KI bei der Literaturrecherche Verknüpfungen zwischen Texten herstellt und welche Unterstützung sie bei der Datenverarbeitung und -analyse (nicht) leisten kann. Künstliche Intelligenz kann auch bei der Datenerhebung, beispielsweise bei der Evaluation von Seminaren, in Form von Chatbots genutzt werden. Dabei ist es jedoch essenziell, klare Einschränkungen für den Einsatz solcher Systeme festzulegen, um möglichen Missbrauch zu verhindern. Deshalb betonte sie die Notwendigkeit eines kritisch-reflexiven Umgangs mit KI, bei dem die Forschenden weiterhin die Regie führen und ihre Expertise gezielt einbringen müssen. Denn die Forscher*innen dirigieren die KI, nicht andersherum. Zudem müsse die Erwartung von Ergebnissen „auf Knopfdruck“ verworfen werden.
Zum Abschluss des Workshops stellten sich die dvs-Kommission Wissenschaftlicher Nachwuchs und der Verein zur Förderung des sportwissenschaftlichen Nachwuchses als Ausrichter vor. Neben dem inhaltlichen Austausch kam auch der persönliche nicht zu kurz. Dem Organisationsteam gelang es über den gesamten Workshop hinweg, eine angenehme Atmosphäre für den wissenschaftlichen und informellen Austausch zu schaffen, etwa durch einen Stadtrundgang durch Braunschweig und einen von der Fachgruppe organisierten Grillabend.
Nach einem intensiven und inspirierenden Workshop lässt sich festhalten, dass dieser nicht nur durch seine inhaltliche Vielfalt und die fundierten Impulsvorträge überzeugte, sondern auch durch die interdisziplinäre Zusammensetzung der Teilnehmenden. Besonders bereichernd empfand der Autor den Einblick in die Forschungsprojekte von Qualifikant:innen, der über das eigene Fachgebiet der Sportpädagogik hinausging. Dies ermöglichte einen wertvollen Austausch über disziplinäre Grenzen hinweg und eröffnete neue Perspektiven für die eigene Forschung.
Der 35. dvs-Nachwuchsworkshop wird im Vorfeld des 27. dvs-Hochschultags vom 16. bis zum 17. September 2025 in Münster stattfinden.
Niklas Hecht (Universität Leipzig)