Der Sportwissenschaftler gehört zur Gründungsgeneration der modernen Sportwissenschaft
Der Sportwissenschaftler, ehemalige Stabhochspringer und langjährige Lehrwart des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Prof. Dr. Winfried Joch, vollendet am Montag, 17. Februar 2020, sein 85. Lebensjahr. Winfried Joch gehört zur Gründungsgeneration der modernen Sportwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland seit den Anfängen in den 1970er Jahren, als es noch üblich war, dass Hochschullehrer mehrere Teilgebiete in Lehre und Forschung in der jungen Wissenschaft des Sports abdeckten. So sind seither die Trainingswissenschaft, die Sportpädagogik und die Sportgeschichte die wichtigsten Arbeitsschwerpunkte in der bewegten beruflichen Laufbahn – ganz davon abgesehen, dass Joch auch als Professor in der Leichtathletik fachpraktisch lehrte, was damals ebenso für viele „Profs“ nahezu selbstverständlich war.
Winfried Joch wurde in Salmünster im Main-Kinzig-Kreis geboren und studierte nach dem Abitur an den Universitäten Frankfurt und Marburg die Fächer Leibeserziehung, Germanistik, Geschichte und Pädagogik auf Lehramt. Als aktiver Leichtathlet startete Joch u.a. für den VfL Hadamar, später für den SSC Südwest Berlin und zuletzt für den VfR 1919 Limburg. Er erzielte in seiner Spezialdisziplin, dem Stabhochsprung, 1969 eine persönliche Bestleistung von genau 4 Metern.
Nach dem Staatsexamen unterrichtete er zunächst im Schuldienst in Hessen und promovierte nebenbei in allgemeiner bzw. historischer Pädagogik. Im Jahre 1972 wurde er als Professor an das Seminar für Leibesübungen der Pädagogischen Hochschule (PH) nach Berlin (Lankwitz) berufen, wo er u.a. Kollege des Sportdidaktikers und späteren Handball-Bundestrainer Prof. Horst Käsler (1926-1987) wurde. Als dort der Lehrstuhl für Bewegungslehre durch den Fortgang von Prof. Dr. Kurt Kohl (1918-2002) nach Bielefeld frei wurde, erhielt Joch diese Stelle im Zuge einer sog. Hausberufung.
Im Jahre 1980 wurde die PH jedoch aufgelöst und in die Freie Universität Berlin integriert. Joch erhielt eine Professur am dortigen Institut für Sportwissenschaft, wurde aber schon im Jahre 1982 an die Gesamthochschule Siegen berufen, wo jedoch kurze Zeit später die Lehrerbildung im Fach Sport eingestellt wurde, so dass Joch 1991 mit seinem Lehrstuhl an die Westfälische Wilhelms Universität Münster versetzt wurde. Im Jahre 2000 wurde er nach Erreichen der Altersgrenze emeritiert, ist aber bis heute regelmäßig von seinem Heimatort Siegen an seinem alten Arbeitsplatz in Münster tätig, um sich Forschungsaktivitäten zu widmen – sei es mit Themen in der Sportgeschichte bzw. speziell in der Leichtathletik, die große Leidenschaft stets geblieben ist.
Winfried Joch war von 1985 bis 1993 (ehrenamtlicher) Lehrwart im DLV, davor bekleidete er diese Funktion von 1973 bis 1982 im Berliner Leichtathletik-Verband. Auf ihn gehen zahlreiche Neuerungen im (Nachwuchs-)Training der Leichtathletik zurück – allen voran hat er die Erstellung der sog. Rahmentrainingspläne mit insgesamt sieben Bänden im DLV als Autor vorangetrieben. Zu seinen bis heute bekannten und lieferbaren Veröffentlichungen zählen u.a. „Ausdauerleistung im Kindes- und Jugendalter“ (1983) und „Das sportliche Talent. Talenterkennung – Talentförderung – Talentperspektiven“ (1994). Seine jüngste Produktion (zusammen mit K. Wilhelm Köster) ist dem Mitbegründer des DLV, „Dr. Max Danz – eine biografische Skizze“ (2017), gewidmet. Der DLV hat die Verdienste von Winfried Joch mit der DLV-Nadel in Silber und Gold gewürdigt; im Jahre 1996 war er Carl-Diem-Schildträger.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
Quelle: DOSB-Presse, Nr. 7, 11. Februar 2020