Er gilt als einer der renommiertesten Sportpädagogen im deutschsprachigen Raum und ist der Sportwissenshaft und dem organisierten Sport in verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen seit über 50 Jahren verbunden: Der Bielefelder Sportwissenschaftler Prof. Dr. Dietrich Kurz vollendet am Donnerstag, dem 13. Oktober 2022, sein 80. Lebensjahr.
Dietrich Kurz war von 1985 bis 1989 Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs). Im Jahre 1987 wurde auf seine Initiative in Bielefeld die dvs-Sektion Sportpädagogik gegründet, die er auch einige Jahre als Sprecher leitete und die sich inzwischen als die größte Gruppierung innerhalb der dvs etabliert hat. Die dvs ernannte ihn aufgrund seiner Verdienste für die Sportwissenschaft im Jahre 2008 zum Ehrenmitglied.
Bis zum Jahre 2010 war Dietrich Kurz über mehrere Amtsperioden als Mitglied im Ethik-Rat der dvs tätig. Danach hat das dvs-Ehrenmitglied Kurz die Reaktivierung der dvs-Sektion Sportgeschichte initiiert und mit viel Engagement und Aufwand begleitet. Im Zuge der sich immer weiter ausdifferenzierenden Sportwissenschaft gilt Dietrich Kurz aber auch als Mahner, den Blick für den Sport als eine verbindende kulturelle Praxis nicht aus den Augen zu verlieren. Dabei klingt die Gefahr an, dass sich die Sportwissenschaft an vielen Universitäten mit Fragen des Schulsports immer weniger beschäftigt.
Die dvs-Sektion Sportpädagogik hat ihren Gründungvater Dietrich Kurz bereits im Juni 2017 bei der 30. Jahrestagung mit ihm als Ehrengast und dem Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität als örtlichem Ausrichter in den Räumlichkeiten des Landessportbundes Niedersachsen in Hannover geehrt. Passend zum Tagungsthema „Sportwissenschaft in pädagogischem Interesse“ – dem Arbeitsschwerpunkt von Dietrich Kurz – wurde ihm am Ende der Tagung das erste Exemplar seines eigenen Buches „Pädagogische Fragen zum Sport“ mit seinen wichtigsten Beiträgen überreicht, die bis dahin nur verstreut zugänglich waren.
Dietrich Kurz hatte von 2008 bis 2014 den Vorsitz des Kuratoriums für die Verleihung des Wissenschaftspreises des Deutschen Olympischen Sportbundes inne, den er von seinem akademischen Lehrer in Tübingen Prof. Dr. Dr. h. c. Ommo Grupe (1930-2015) übernommen hatte, der dieses Ehrenamt seit 1980 beim damaligen DSB innehatte. Der DOSB hat Dietrich Kurz in Würdigung seiner Verdienste im Sport und in der Sportwissenschaft bei der Mitgliederversammlung 2015 in Hannover mit der DOSB-Ehrennadel ausgezeichnet.
Dietrich Kurz hat von 1978 bis zu seiner Emeritierung Anfang 2009 an der Universität Bielefeld gelehrt und geforscht. Sein sportpädagogischer Arbeitsschwerpunkt galt der Frage nach dem Sinn des Sports. Damit hatte er erstmals 1987 beim großen Zukunftskongress („Menschen im Sport 2000“) des Deutschen Sportbundes (DSB) in Berlin bundesweit hohe und nachhaltige Aufmerksamkeit erzielt. Dietrich Kurz, der sich 1977 mit einer Schrift über „Elemente des Schulsports. Grundlagen einer pragmatischen Fachdidaktik“ bei Ommo Grupe habilitiert hatte, wechselte 1978 als erster Hochschullehrer an die damals neu gegründete Abteilung Sportwissenschaft der Universität Bielefeld, der er seitdem als Leiter des Arbeitsbereichs Sport und Erziehung auch noch als Emeritus über mehrere Jahre die Treue hielt.
Dietrich Kurz ist in Breslau geboren und in Hannover aufgewachsen. Er hat die Fächer Griechisch, Latein und Leibesübungen in Tübingen, Athen und Hamburg studiert, promovierte in Alt-Philologie mit einer Arbeit über das Ideal der Exaktheit und gehörte über 20 Jahre zum Herausgeberkollegium der Zeitschrift „Sportwissenschaft“. Er war u.a. von 1984 bis 1997 Mitglied der Präsidialkommission des Landessportbundes zur Entwicklung des Breitensports in Nordrhein-Westfalen. Von 1998 bis 2009 war er Mitglied der Präsidialversammlung des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
Als Aktiver im Sport begann Dietrich Kurz mit dem vielseitigen Kinderturnen im MTV Minden, kam danach als Jugendlicher zur Leichtathletik bei Hannover 78 und war hier insbesondere als Mittelstreckler erfolgreich. Seine Leidenschaft als Langstreckenläufer hat er u.a. mehrfach im Marathon und beim Hermannslauf von Detmold nach Bielefeld über 31,1 km unter Beweis gestellt. Als vielseitiger Breitensportler war er u.a. im Tennis und im alpinen Bergsport unterwegs – mehr noch: Als Hochschullehrer ist er stets der Sportpraxis treu geblieben. Generationen von Sportstudierenden hat er mit seinen Ideen zur Vermittlung der Leichtathletik vertraut gemacht; seine Skitourenkurse sind in Bielefeld immer noch ein „legendäres Narrativ“, und die Funktion als Ehrenspielführer der von ihm Anfang der 1980er Jahre gegründeten Professoren-Fußballmannschaft an der Uni Bielefeld hat er „auf Lebenszeit“ inne.
Ein „verfrühtes“ Geschenk zum 80. Geburtstag hat ihm – wenn man so will – das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) bereits im September dieses Jahres gemacht: Die Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt in NRW, Andrea Milz, und der Präsident des NRW-Landtags, André Kuper, haben Dietrich Kurz in der Staatkanzlei in Düsseldorf für sein akademisches Lebenswerk in der Sportwissenschaft ausgezeichnet. Und ein etwas „verspätetes“ Geburtstagsgeschenk für den Jubilar ist noch in der Produktion und für Anfang 2023 angekündigt: Unter dem Titel „Gelebte Sportpädagogik“ erscheint dann in der (gelben) Reihe der „Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft“ ein Band mit rund 25 „Persönlichkeiten im Porträt“ (Untertitel), in dem Dietrich Kurz mit Sicherheit nicht fehlen wird … aber erstmal feiert er seinen 80. Geburtstag im Kreise der Familie mit Ehefrau Elke, den beiden Kindern und Enkeln.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann